Das Abenteuer beginnt
Wie die Zeit vergeht! Die erste Woche meiner Reise nach China neigt sich bereits dem Ende zu. Nach 500 Kilometer und 3000 Höhenmeter befinde ich mich in Donauwörth.
Gerade mal am Freitag vor einer Woche hatte ich meinen letzten Arbeitstag. Bis 16 Uhr habe ich noch meine Arbeiten abgeschlossen und dann hiess es Abschied nehmen. Abschied von Kollegen, aber auch von einem geordneten Alltag. Denn auf einer solchen Tour gibt es - abgesehen vom gleichmässigen Pedalieren - nur wenig Ordnung. Jeder Tag orientiert man sich neu. Wo findet man etwas zu essen? Wo wird man diese Nacht schlafen? Fragen, die im Alltag längst geklärt sind, müssen plötzlich jeden Tag neu beantwortet werden.
Doch der Reihe nach: Nachdem ich am Samstag vor einer Woche mit der Hilfe meiner Freundin Penny und einem Freund meine sieben Sachen auf den Estrich gebracht habe, wurde es Zeit für die erste Etappe von Basel nach Olten. Olten liegt zwar nicht auf der EuroVelo-Route 6, woran ich mich bis etwa Serbien orientieren will, aber weil dort mein Abschiedsfest statt fand, durfte dieser kleine Umweg natürlich nicht fehlen.
Kaum in Pratteln angekommen, wurde ich bereits das erste Mal angesprochen. Ihr Sohn, erzählte mir eine Frau, sei auch gerade 6700 Kilometer in den USA gefahren. Wohin es denn bei mir ginge? Eben gerade mal ein paar Kilometer gefahren und trotzdem schon verschwitzt, kam ich mir etwas halbschlau vor, als kurz und knapp mit China antwortete. China.
Das Abschiedsfest in Olten war einfach super! Vielen Dank an alle, die dabei waren. Anschliessend durften ich und Penny bei Freunden übernachten. Am nächsten Tag ging es dann - ganz ohne Gepäck, denn das war bei Penny im Auto - weiter nach Winterthur. So ging es doch etwas einfacher, muss ich zugeben.
Nach einem Tag in Winterthur hat die Tour dann so richtig begonnen. Zuerst ging es über Stein am Rhein nach Deutschland. Erst als sich die Beschilderung verändert hat, habe ich bemerkt, dass ich gerade eben mal eine Grenze übertreten habe. Ganz so einfach wird das leider schon bald nicht mehr gehen.
Die erste Nacht habe ich in der Nähe von Emmingen übernachtet. Weil ich es nicht mehr zum nächsten Campingplatz geschafft habe, musste ich bereits mein Übernachtungsprinzip brechen: Wenn ich wild campiere, versuche ich dies normalerweise möglichst ungesehen zu machen. Weil sich jedoch kein geeigneter Platz finden liess, musste ich dann das Zelt halt einfach neben einer Landwirtschaftstrasse aufstellen. Weil es stark gewindet hat, war das gar nicht mal so einfach.








Am Tag darauf bin ich an der Donau angekommen. Eigentlich habe ich einen Fluss wie den Rhein erwartet. Mehr als ein Bach hatte mir die Donau jedoch nicht zu bieten. Landschaftlich ist das Donautal jedoch umso schöner. Obwohl sich auch das Wetter von der besten Seite zeigte, war ich zuerst einmal ziemlich einsam unterwegs. Bis Ulm habe ich bestenfalls ein paar Fussgänger angetroffen. Das scheinen auch die Förster gewusst zu haben, die mir mehrmals Blockaden in den Weg gestellt haben.
Was in Deutschland sofort auffällt, sind die mittelalterlichen Bauten. Selbst in kleinen Städten sind diese oft deutlich imposanter als in der Schweiz. Auch interessant finde ich, dass man hier viel öfters Solarzellen auf den Häusern sieht. Werden diese in Deutschland so stark subventioniert oder denken die Leute hier tatsächlich ökologischer als in der Schweiz?
In Ulm habe ich erstmals in einem Hostel übernachtet. Dort habe ich Alejandro aus Chile kennen gelernt, dessen Geschichte ich kurz erzählen will: Eigentlich wollte er nur mal seinen Vater in Israel besuchen, wurde dann aber dort am Flughafen abgewiesen und flog deshalb nach Deutschland weiter, wo er Verwandte hat. Als er dort ankam, hat er sich spontan entschieden, in Deutschland zu bleiben und lernt hier jetzt Deutsch. Diese Spontanität hat mich echt beeindruckt - da strandet man also in einem Land, das man gar nicht besuchen wollte und bliebt dann dort gleich für ein Jahr.
Obwohl der heutige Tag eher ungünstig angefangen hat (nur so viel: das Trinkwasser sollte normalerweise nicht in der Falsche zu gefrieren beginnen), hatte ich heute erstmals das Gefühl, so richtig in Fahrt zu kommen. Einerseits liegt das daran, dass es langsam etwas flacher wird und der Wind auch nachgelassen hat. Anderseits denke ich, dass sich auch langsam mein Körper an die Anstrengungen gewöhnt. Das einzige, was mir im Moment etwas Sorgen macht, ist mein rechtes Knie, das ich immer wieder spüre. Aber ich hoffe mal, dass sich das mit der Zeit von alleine ergibt.